Hallwilersee, Februar 2021
Kurze Auszeit im Seetal, in meinem alten Heimatkanton Aargau. Schon etwas schräg, dass mir mein eigener Dialekt fremd vorkommt; aber eben, 28 Jahre unter Thurgauern, St.Gallern und Appenzellern prägen halt. Das Seetal ist jedoch das Alte geblieben. Hallwiler- und Baldeggersee wurden vom Gletscher geformt, mit sanften Seitenmoränen (Lindenberg im Osten, Erlosen und Homberg im Westen). Die Uhren ticken langsam, man grüsst sich unterwegs, die Entschleunigung wirkt sofort. Ordentlich ist man auch: Eine Dame mittleren Alters steht vor ihrem Häuschen und staubsaugt sorgfältig den Steingarten……
Ich wandere liebend gerne entlang von Flüssen, Seen und dem Meer. Da ist der Hallwilersee goldrichtig. Er wurde schon in den 80-er Jahren komplett unter Naturschutz gestellt. Das Ufergebiet ist praktisch überall unverbaut und öffentlich zugänglich (ausgenommen der kleine Teil im Kanton Luzern). Den 22 km langen Uferweg um den See schafft man in knapp fünf Stunden https://www.schweizmobil.ch/de/wanderland/routen/route-0504.html?nopager. Allerdings findet man an jeder Ecke eine Badi, einen schönen Grillplatz oder eine Sitzbank mit Aussicht, an denen man nicht einfach vorbeisausen sollte. Im Sommer fahren Kursschiffe auf dem See und ermöglichen es, beide Uferseiten zu geniessen https://www.schifffahrt-hallwilersee.ch
Die verschiedenen Abschnitte des Wanderweges haben jeweils ihre Eigenheiten. Von meinem Startpunkt Meisterschwanden bis ans Südende des Sees in Mosen führt der Weg nach kurzer Zeit nicht mehr direkt am See entlang. Wir befinden uns also im Kanton Luzern, wo Private bis ans Ufer bauen durften. Der Föderalismus lässt grüssen. Trotzdem geniesse ich die Aussicht auf See und Hügel. Es soll auch eine Fernsicht bis in die Alpen geben, die wird jedoch in diesen Tagen vom Saharastaub in Schach gehalten. Der gut unterhaltene Weg aus festem Lehm lädt ein, den Tempomaten einzuschalten und die Gedanken fliegen zu lassen. Es ist der einzige Abschnitt, bei dem Luna von der Leine darf. Im Aargauischen gilt überall Leinenzwang (Naturschutzgebiet), deshalb ist dort Flexileine mit Viermeterradius angesagt. Luna nimmt das klaglos hin.
Von Mosen bis Beinwil am See geniesse ich den schmalen Weg, der durch einen knorrigen, wilden Auenwald führt. Ein wunderbarer Abschnitt.
Die Strecke Beinwil – Birrwil – Boniswil lässt mich in alte Zeiten abschweifen. Als junge Lehrerin war ich mit meiner Schulklasse in einem Klassenlager am See. Natürlich hatten wir das Thema Steinzeit behandelt. Immer wieder stösst man auf Spuren aus dieser Zeit. Einige Überreste zeugen vom früheren Leben am See. In Boniswil existiert auch heute noch die Steinzeitwerkstatt, in der man selber Werkzeuge von früher herstellen und anwenden kann https://www.steinzeit-live.ch/steinzeitwerkstatt/ und bei Seengen wurde neu ein Steinzeithaus nachgebaut https://www.archaeologie-online.de/nachrichten/neues-pfahlbauhaus-am-hallwilersee-in-seengen-errichtet-4881/ Schöne Erinnerungen an die 80-er Jahre 🙂
Kurz vor Boniswil und damit vor dem nördlichen See-Ende wandert man wieder weiter weg vom See und umrundet das Boniswiler-Ried, ein geschütztes Flachmoor und Vogelschutzgebiet von nationaler Bedeutung. https://www.ala-schweiz.ch/index.php/reservate/boniswilerried
Am Nordende des Sees beeindruckt das Wasserschloss Hallwyl mit seiner sehr gut erhaltenen Anlage. Das Schloss gehört dem Kanton Aargau und wird vielseitig genutzt als Museum, Veranstaltungsort, Hochzeitskulisse und Selfiepoint 🙂 https://www.museumaargau.ch/schloss-hallwyl . Die Ausstellung gewährt einen spannenden Einblick ins Leben der Gründerfamilie Von Hallwyl. Daneben werden stets wechselnde Ausstellungen zu verschiedenen Themen eingerichtet. Leider war das Museum noch nicht geöffnet (erst ab 01.04.2021).
Der letzte Abschnitt von Seengen nach Meisterschwanden führt mich an meinen Ausgangspunkt zurück. Inzwischen Nachmittag geworden, tummeln sich viele Spaziergänger auf dem eher schmalen Weg. Luna und ich geben deshalb Gas – ich mit dem Apéro auf meiner sonnigen Hotelterrasse vor Augen – Luna mit der Aussicht auf Futter und Leckerli. Die richtige Motivation ist eben alles! Trotzdem bemerken wir das momentane Spektakel im Uferbereich dieser Seeseite. Es blühen die Burgunderblutalgen in leuchtendem Rotbraun. Ein gern gesehenes Zeichen, weil es bedeutet, dass dem See wieder mehr Sauerstoff zur Verfügung steht. Der Hallwilersee war durch Überdüngung in den 80-er Jahren praktisch tot und wird seither in aufwändigem Verfahren künstlich belüftet. Sachen gibts! https://www.ag.ch/de/bvu/umwelt_natur_landschaft/umwelt_1/oberflaechengewaesser/hallwilersee/sanierung_hallwilersee_1/sanierung_hallwilersee.jsp
Fazit: Eine schöne, gemütliche Wanderung, die vor allem im Sommer gut in Teilabschnitte aufgeteilt werden kann (dank Schifffahrt) und mit vielen Gelegenheiten zum Baden und Verweilen. Ich hatte optimale Bedingungen mit Sonnenschein und 17 Grad – und das Ende Februar.