Expedition in die Antarktis – ein Abenteuer der besonderen Art
Lange habe ich gezögert. Darf man das heute noch – in die Antarktis reisen? Machen wir damit nicht genau das kaputt, was wir eigentlich bewahren möchten? Oder sollten wir gerade über dieses sensible Ökosystem berichten und somit Botschafter zum Schutz der Antarktis werden? Ich habe keine abschliessende Antwort auf diese Fragen gefunden. Aber ich weiss, dass dieser Traum schon viele Jahre in meinem Herzen schlummert und sich angesichts Alter und Gesundheit das Fenster zur Verwirklichung langsam aber sicher schliesst. Und so machen wir uns auf zu dieser Reise zu den Falklandinseln, nach Südgeorgien und in die Antarktis. Once in a lifetime – vermutlich.
Drei Wochen auf der MS Fram https://www.hurtigruten.com/de-de/expeditions/schiffe/fram/ Das Expeditionsschiff wächst einem schnell ans Herz. Gebaut 2007, total renoviert 2022 wirkt sie kuschlig und modern zugleich. 250 Passagiere hätten Platz, in die Antarktis werden maximal 200 mitgenommen; unser Kurs ist nicht ganz voll ausgebucht – es gibt also reichlich Platz an Bord, das ist angenehm. Die Anlandungen mit den Zodiacs sind bestens organisiert, so dass man kaum anstehen muss. Die Atmosphäre ist leger, kein Käptn’s Dinner, keine spezielle Kleidung zum Essen. Jeder kommt wie es ihm passt. Kapitän und einige Offiziere sind norwegisch, die Besatzung vorwiegend philippinisch, alle ausgesprochen gastfreundlich und mit ausgezeichneten Englischkenntnissen.
Port Stanley auf den Falklandinseln ist der einzige Hafen, bei dem wir ordentlich und trockenen Fusses an Land spazieren können. Ansonsten sind alles „wet landings“. Die Passagiere werden in Gruppen aufgeteilt in Zodiacs an Land verfrachtet und müssen dort am Strand im Wasser aussteigen. Sofort gewinnt man die hohen Stiefel lieb, die zur Verfügung gestellt werden. Das Anziehen 1-2x am Tag wird schnell zur Routine. Mehrere Schichten warme Kleider, dann winddicht und zuäusserst wasserdicht, dann die Stiefel und die Schwimmweste, Mütze, Handschuhe und die wasserdicht verpackte Kameraausrüstung. Wie ein Astronaut wankt man dann in den zweiten Stock, wo sich der Ausgang ins Zodiac befindet. Hier herrscht ein strenges Regime beim Ein- und Aussteigen: Seemannsgriff mit den Helfern, sofort absitzen und nachrutschen („sit and slide!“).
Damit Schiffe überhaupt mit Passagieren in die Antarktis reisen dürfen, gelten strenge Regeln https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/regelbasierte-internationale-ordnung/voelkerrecht-internationales-recht/einzelfragen/antarktis Die Anzahl der Schiffe, die gleichzeitig in einem Gebiet sein dürfen ist limitiert. Ausserdem dürfen sich in Südgeorgien und auf der antarktischen Halbinsel nie mehr als hundert Menschen von einem Schiff gleichzeitig an Land befinden. Sehr streng sind die Regeln zur Biosicherheit. Um zu verhindern, dass fremde Pflanzen, Tiere, Samen oder Ähnliches eingeschleppt werden, muss die Kleidung jedes einzelnen vor jedem Landgang gereinigt werden. Das heisst, wir reinigen unsere Stiefel jeden Tag 1-2x peinlichst genau mit Bürste und Büroklammer (für die Ritzen) und staubsaugen nach Bedarf sowohl Jacken, Hosen, Handschuhe, Mützen und den Rucksack. Wer bei der Kontrolle nicht besteht, wird zurückgeschickt, um nachzubessern. Bei der Rückkehr von den Ausflügen geht der Weg durch die Stiefelputzmaschine und durchs Desinfektionsmittelbad. An Land soll kein Krümelchen zurückgelassen werden – Esswaren mitnehmen ist streng verboten, Toilettengänge ebenso.
Wegen der momentanen Vogelgrippe dürfen wir uns weder hinsetzen noch -knien oder den Rucksack abstellen. Nicht immer einfach beim Fotografieren. Beim Objektivwechsel hat man immer eine Hand zu wenig und will man die Tiere auf Augenhöhe ablichten, ist Gelenkigkeit gefragt. Fällt man hin, muss die Kleidung auf dem Schiff mit Seifenwasser und Desinfektionsmittel wieder gereinigt werden. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/verhaltensregeln_besuch_antarktis_final_bf.pdf. Durch all die Regeln ist einem in jeder Minute bewusst, dass man in dieser unglaublichen Natur nur zu Gast auf kurze Zeit ist und sich dementsprechend zu verhalten hat. Und das ist gut so.