Sir Ernest Shackleton
Während mich die Geschichten der Walfangstationen beelenden und traurig stimmen, gibt es von Grytviken doch noch eine tolle Geschichte zu erzählen. Wir besuchen auf dem dortigen Friedhof das Grab des berühmten Polarforschers.
Ernest Shackletons Traum ist es, als Erster den Südpol zu erreichen. In der ersten Expedition unter seinem Kommando versucht er mit Hilfe von Ponies, sein Ziel zu erreichen. Diese sind im Schnee jedoch völlig ungeeignet, weshalb die Männer ihre Schlitten bald selber ziehen müssen. 185 km vor dem Südpol dreht er um, da seine Mannschaft an Erschöpfung, Schneeblindheit, Erfrierungen und Hunger leidet. Mit Mühe und Not können sich die Männer retten. Shackleton plant bald eine weitere Expedition und findet in der Heimat auch Investoren dafür. In der Zwischenzeit liefern sich der Norweger Roald Amundsen und der Engländer Robert F. Scott ein Rennen zum Südpol. Wie bekannt, gewinnt Amundsen das Rennen 1911. Scott erreicht zwar den Südpol ebenfalls, er und seine Männer sterben jedoch auf dem Rückweg. Shackleton setzt sich deshalb ein neues Ziel: Er will die Antarktis zu Fuss durchqueren. Er schickt ein Schiff auf die neuseeländische Seite. Die Mannschaft soll ihnen mit Vorräten entgegen kommen. Selber startet er in Südamerika mit dem Schiff Endurance und versorgt sich in Südgeorgien nochmals mit frischen Vorräten. Diesmal hat er kanadische Schlittenhunde dabei.
Nach einigen Wochen durchs Packeis steckt die Endurance plötzlich fest und das kurz vor Erreichen des antarktischen Festlandes. Die Männer verbringen einen langen Winter auf der Eisscholle. Die Eisdrift drückt das Schiff immer weiter weg vom Festland, bis es schliesslich vom Eis zermalmt wird und versinkt. Die Männer verbringen nochmals ein halbes Jahr auf dem Eis, müssen ihre Hunde erschiessen und retten sich schlussendlich in den drei Rettungsbooten in eine Wasserrinne, die sich endlich geöffnet hat. Alfred Lansing beschreibt diese Zeit in seinem Buch „635 Tage im Eis“ unglaublich spannend. Für das Buch wurden ihm die Tagebücher der Männer und das gerettete Filmmaterial zur Verfügung gestellt. Kann ich wärmstens empfehlen (unbezahlte Werbung). Auch der Film „Shackleton“ mit Kenneth Branagh in der Hauptrolle ist toll gemacht (unbezahlte Werbung).
Nach sieben Tagen erreichen die erschöpften Männer Elephant Island, 1500 km von Südgeorgien entfernt. Sie teilen sich auf. Eine Gruppe errichtet ein Lager auf der Insel. Shackelton und sechs Männer versuchen das Unmögliche, nämlich in einer offenen Nussschale und nur mit einem Sextanten für die Navigation ausgerüstet, Südgeorgien zu erreichen. Treffgenau erreichen sie nach sechzehn Tagen King Haakon Bay auf Südgeorgien – eine Meisterleistung der Navigation. Zu guter Letzt überquert Shackleton zu Fuss, zusammen mit einem weiteren Mann, die Insel über ein eintausend Meter hohes Gebirge und trifft in Stromness erstmals wieder auf Menschen. Hier macht er sich sofort daran, die Rettungsaktion für seine anderen Männer zu organisieren. Es dauert jedoch vier weitere Monate, bevor er die Männer auf Elephant Island abholen kann. Alle sind am Leben.
Es gleicht einem Wunder, dass alle Männer gerettet werden konnten. Shackleton war zwar bei keiner Expedition erfolgreich, aber er hat sich die Hochachtung sämtlicher Kapitäne der Welt verdient, weil er das Wohl seiner Männer stets an erste Stelle gesetzt hat. Es kursiert der Spruch „Was die Wissenschaft anbelangt, gebt mir Scott, für Schnelligkeit und Tüchtigkeit gebt mir Amundsen, aber wenn es zu einer Katastrophe kommt und die Lage hoffnungslos ist, dann fallt auf die Knie und fleht um Shackleton„. Wohl deshalb halten die Kapitäne (auch unserer) heute noch am Grab von Shackleton in Grytviken eine kleine Rede und geben einen Schnaps aus.