Südgeorgien – Inseln mit einer schwierigen Vergangenheit

1755 landete James Cook auf Südgeorgien – und mit ihm begann die Einschleppung von Ratten und Mäusen. Die Nager hatten keine natürlichen Feinde auf der Insel und verbreiteten sich deshalb ungestört. Bis dahin war Südgeorgien weltweit einer der wichtigsten Lebensräume für Seevögel gewesen – bis die Ratten kamen und rund 90% der Population vernichteten, indem sie Vogeleier, Küken und gar erwachsene Vögel frassen. Ein Brigadier der britischen Marine, der im Falkland-Krieg gedient hatte, war der Initiant zur Gründung des South Georgia Heritage Trust https://sght.org . Der ehemalige Polarforscher Tony Martin wurde beauftragt, die Insel von den Nagern zu befreien. Eine knifflige Mission, die 2011 begann. https://mousefreemarion.org/de/auf-dem-weg-zu-marion-das-erfolgreiche-projekt-zur-wiederherstellung-von-lebensraeumen-in-suedgeorgien/ In drei Phasen wurde von Helikoptern Rattengift abgeworfen. Die dort lebenden Vögel wurden leider ebenfalls getötet. Weil es aber auf den rattenfreien, vorgelagerten Inseln genügend überlebende Vögel gab, rechnete man damit, dass sich die Populationen wieder erholen würden. Im Mai 2018 wurde Südgeorgien als rattenfrei erklärt. Bereits ein Jahr nach dem letzten Giftabwurf gab es Sichtungen des Südgeorgienpiepers, einem Vogel, der nur dort vorkommt und auch die seltene Südgeorgien-Spiessente machte sich wieder breit. Allerdings wird es noch lange dauern, bis sich der Vogelbestand komplett erholt haben wird. Seither sind die Kontrollen der Expeditionsschiffe äusserst gründlich. Schnüffelhunde durchsuchen das Schiff auf Mäuse und Ratten. Bei Passagieren und Besatzung gibt es Stichkontrollen, ob Kleidung und Schuhe gründlich gereinigt sind. Danach bekommt das Schiff eine Bewertung, welche entscheidet, ob weitere Anlandungen gemacht werden dürfen. Bei den Verantwortlichen auf unserem Schiff löste die Prozedur grosse Anspannung aus. Schliesslich weiss man nie – und insbesondere die Passagiere sind ein nicht ganz kalkulierbares Risiko. Unsere Kontrollen fielen jedoch zu 100% positiv aus.

Wir passieren einige verlassene Walfangstationen. Am Bekanntesten ist Grytviken. Dieses Mahnmal aus düsteren Zeiten ist die einzige Siedlung, die man betreten darf. Aber der Reihe nach. Carl Anton Larsen, ein norwegischer Kapitän, nahm 1904 die Walfangstation Grytviken in Betrieb. In den arktischen Gewässern seiner Heimat waren die Wale durch Überfischung beinahe ausgerottet worden, weshalb er das Geschäft in die Antarktis verlegte. Andere folgten ihm. Um die rauen Männer etwas zu beschäftigen, wurden ein Fussballplatz und ein Kino gebaut und 1911 liess Kapitän Larsen eine Kirche in Norwegen erstellen und in Einzelteile zerlegt nach Grytviken verschiffen, wo sie wieder aufgebaut wurde. Ikea lässt grüssen 🙂 . Die Rechnung dafür liegt noch immer vor: 1 Kirche = 10’400 norwegische Kronen. Ausserdem wurden Rentiere eingeführt, zwecks Fleischbeschaffung. 2013/2014 wurden im Zug der Renaturierung Südgeorgiens alle Rentiere geschossen, da sie sich ungehindert ausgebreitet hatten und auf ihrer Nahrungssuche die Pinguinkolonien niedertrampelten. Der Walfang hatte verheerende Folgen für den Bestand der Wale. Anfänglich wurde nur der aus der Speckschicht gewonnene Tran verwertet. Der Rest der Tiere wurde weggeworfen. Erst als in späteren Jahren amtlich vorgeschrieben wurde, dass die ganzen Tiere verwertet werden müssen, verkaufte man auch das Fleisch und das Knochenmehl. Traurige Bilanz: In Südgeorgien wurden insgesamt 175’000 Wale abgeschlachtet und verarbeitet, bevor in den 60er-Jahren Grytviken als letzte Station geschlossen wurde. Heute haben die Pinguine und Robben den Ort wieder übernommen und als Besucher hat man seinen Weg so zu wählen, dass die Tiere nicht gestört werden.