Antarctica – ewiges Eis

Die Überfahrt in die Antarktis ist abenteuerlich. Die See ist stürmisch, Reisetabletten sind ein gefragter Artikel. Einige Leute erscheinen nicht mehr zum Essen, selbst das Service-Personal ist bleich um die Nase. Die Aussendecks sind gesperrt, in den Gängen ist ein breiter Seemannsgang gefragt, auch lesen ist nicht wirklich zu empfehlen. Hilfreich ist nur der meditative Blick auf den Horizont in der Panoramalounge. Wer es hier im 7. Stock aushält, wird belohnt mit spektakulären Wellen, die auch so weit oben noch über die Fenster schlagen. Ansonsten ist es im Café des Science-Center im 4. Stock mittschiffs wohl am ruhigsten, weshalb dieser Ort plötzlich sehr beliebt ist 😉 . Das Schiff arbeitet sich zuverlässig durch die Wellenberge und -täler. Und – wir sind jetzt offiziell sturmzertifiziert!

Dem antarktischen Kontinent nähern wir uns nur langsam an. Wir dürfen nicht direkt aufs Festland zusteuern. Wetter? anderer Schiffsverkehr? Der Kapitän bleibt vage und wortkarg. So führt unsere Route über die South Orkney Islands bis zu den Danger Islands, Paulet Islands und Brown Bluff. Spielt alles keine Rolle mehr, als die ersten Eisberge auftauchen. Titanic-Feeling macht sich breit 😉 . Zu sehen gibt es auch auf den vorgelagerten Inseln natürlich………Pinguine, dazu die allgegenwärtigen Meeresvögel, Robben und hin und wieder die Wasserfontäne eines Wales.

Die Pinguine bewegen sich auf sogenannten ‚Highways‘ die Berge hinauf und hinunter. Da herrscht emsiger Betrieb und die Tiere haben in jedem Fall Vortritt vor uns Menschen. Die Eselpinguine sind vorherrschend, aber im Vorbeifahren können wir auch Adeliepinguine erkennen. Die hatten wir bis jetzt noch nicht gesichtet. Die Kaiserpinguine müssen wir wohl später im Zoo besuchen. Sie leben weiter südlicher, ausserhalb unserer Reichweite. Unsere Anlandungen werden kürzer. Der Bewegungsradius in der Antarktis ist deutlich eingeschränkter. Das gilt es zu respektieren.

Blautöne beherrschen die nächsten Tage. Endlich! Darauf haben wir alle gewartet.

Interessant ist die Anlandung in Whalers’Bay auf Deception Island. Das Schiff fährt hier in den mit Wasser gefüllten Krater eines Vulkans. In Ufernähe blubbern warme Fumarolen und laden zum Bade ein, was sich natürlich die ganz harten unter uns nicht entgehen lassen, allen voran die Norwegerinnen. Über dem schwarzen Strand wehen die Schwefelschwaden und zeigen, dass noch Leben im Vulkan steckt. Ich geniesse die selten gewordene Möglichkeit, eine kleine Wandertour zu machen – man kann bis zum Kraterrand hinaufsteigen und über die schroffen Felsen aufs Meer und die benachbarten Inseln schauen. Am Strand finden sich Überbleibsel aus den Zeiten des Walfanges.

Und dann – völlig unspektakulär – setzen wir auf der Halbinsel Danco den Fuss auf antarktisches Festland. Spannend ist die Anlandung. Die Zodiacs müssen sich vorsichtig einen Weg durchs Treibeis suchen. Die verschiedenen Bootsführer meistern diese Situation unterschiedlich – ja nach Temperament halt 🙂 . Als dann noch ein Stück Gletscher geräuschvoll abbricht und ins Wasser stürzt, gibt es einen kurzen hektischen Moment. Die Anlandung wird sofort unterbrochen. Die Zodiacs fahren weg vom Land, die Leute am Ufer steigen höher hinauf. Nichts passiert – die gefürchtete grosse Welle bleibt aus.

Die Kapitäne bemühen sich, dass die Kreuzfahrt- und Expeditionsschiffe sich aus dem Weg gehen. Wir sichten nur zweimal ein grosses Schiff, einmal davon die Roald Amundsen, ein Schwesternschiff der Fram – und dieses Treffen ist sicher gewollt. Es gibt aber auch in der Antarktis (leider) touristische Hotspots. Einer davon ist Port Lockroy, der meist besuchte Ort in der Antarktis https://www.hurtigruten.com/de-ch/expeditions/inspiration/port-lockroy-fakten/?_its=JTdCJTIydmlkJTIyJTNBJTIyYjI5ZjYxOWEtYWFiMC00OTBiLTk4MDYtYTcyZTcyYWQ3YmFhJTIyJTJDJTIyc3RhdGUlMjIlM0ElMjJybHR%2BMTY4NjM4NzA5Nn5sYW5kfjJfODY0NF9zZW9fN2ZiNDlmMTUwYmVjNTk2OGViMmMxMTk3ZDQzMGRkZmMlMjIlMkMlMjJzaXRlSWQlMjIlM0E0NTUlN0Q%3D . Die Briten beanspruchen den Ort für sich. Während des zweiten Weltkrieges wurde er als Stützpunkt benutzt. Heute wirbt Port Lockroy damit, das südlichste Postbüro der Erde zu beherbergen. Aber die Briefpost dauert natürlich…….jedenfalls nach knapp einem halben Jahr noch keine Spur der abgeschickten Postkarte. Eine ganze Eselspinguin-Kolonie hat sich auf der winzigen Insel eingenistet. Das wird dazu benutzt, um etwas mehr über das Verhalten der Pinguine im Zusammenhang mit dem Tourismus zu erfahren. Erstaunlicherweise ist das Ergebnis positiv. Offensichtlich brüten die Pinguine sicherer unter dem Schutz der Menschen, da die Meeresvögel weniger Angriffe wagen.

Durch den Lemaire-Kanal sind die Fähigkeiten des Kapitäns gefragt. Die Passage ist wirklich sehr eng. Von weitem kann man sich gar nicht vorstellen, dass das grosse Schiff hier durchkommt. Durch die Enge wird das Packeis verdichtet und der Kapitän versucht im „Schritttempo“ den grossen Schollen auszuweichen. Wir fahren also langsam und mit Zickzack-Kurs durch die Passage und verfolgen das Ganze auf Deck.

Die Zeit in der Antarktis ist im Nu verflogen und wir müssen uns auf den Weg zurück nach Punta Arenas machen. Allerdings gilt es dabei die Drake Passage zu durchqueren. Davor haben wir alle ordentlich Respekt.