Shetland – Insel Unst

Mir fehlen die Worte. Eine solch atemberaubende Szenerie habe ich in meinem Leben noch nicht oft gesehen.

Aber der Reihe nach: Um nach Unst zu gelangen, nimmt man zuerst die Fähre nach Yell. Diese Insel wird dann mit dem Auto/Taxi/Bus zügig überquert, da die nächste Fähre eine halbe Stunde später losfährt. Es wird fleissig überholt. Jeder will im nächsten Hafen zuvorderst in der Reihe stehen. Bald verstehen wir auch, warum. Es herrscht ein striktes Zweiklassensystem. Wer vorgebucht hat steht in Reihe 1, alle anderen müssen hinten anstehen und kommen nur mit, wenn es genügend Platz gibt. Diese zweite Fähre ist deutlich kleiner als die erste – einige werden es also nicht schaffen….. Kein Problem für uns. Die nette Dame in der Tourist-Info hat uns alle Fähren für diesen Tag gebucht.

Der Superlativ „am nördlichsten“ ist in Unst allgegenwärtig. Nördlichste bewohnte Insel von Shetland und ganz Grossbritannien, nördlichstes Café, nördlichste Bushaltestelle, nördlichstes Postoffice. Auch wir kommen nicht drumherum: Unser Ziel ist der Hermaness Nationalpark am nördlichsten Zipfel dieser nördlichsten Insel 😉 https://www.nature.scot/enjoying-outdoors/visit-our-nature-reserves/hermaness-national-nature-reserve .

Unsere rund elf Kilometer lange Wanderung führt zuerst zu einer 150 Meter hohen Klippe, wo über 100’000 Basstölpel brüten. Papageientaucher, grosse Skuas und Krähenscharben sind deutlich in der Unterzahl. Man hört und riecht die Basstölpel schon lange, bevor man sie sieht. Wir sind überwältigt von der Szenerie mit den steilen Felswänden, dem tosenden Meer darunter, den schon beinahe kitschigen Farben an diesem sonnig warmen Tag, den friedlich weidenden Schafen und von der Unendlichkeit von Meer und Himmel. Nach einer Weile taucht am alleräussersten Punkt ein Leuchtturm auf. Wir setzen uns und staunen ehrfürchtig. Zurück geht es über einen Hügel durch mehrheitlich mooriges Gebiet. Ungewohnt für uns, auf Boardwalks zu wandern. Der Ornithologe entdeckt als weiteren Höhepunkt ein Odinshühnchen, das sehr fotogen in einem der dystrophen Tümpel schwimmt.

Auf dem Weg zurück zur Fähre stoppen wir kurz an der nördlichsten Bushaltestelle Grossbritanniens. „Bobby’s bus shelter“ ist weltberühmt https://www.sundaypost.com/fp/bobbys-bus-shelter-how-a-lonely-bus-stop-on-the-far-north-isle-of-unst-became-one-of-scotlands-most-curious-sites/ . Das ursprüngliche Bushäuschen war vom Wetter zerstört worden und sollte nicht mehr ersetzt werden. Drei Leute benutzten damals diese Haltestelle. Einer der drei, der siebenjährige Bobby, schrieb einen Brief an „The Shetland Times“ und bat um Hilfe. Die Zeitung setzte sich bei der Behörde dafür ein, dass ein neues Häuschen gebaut wurde. Kurz danach stellte jemand ein Sofa hinein, ein Tisch kam dazu, ein Fernseher. Dann gingen die Nachbarn die Dekoration mit System an. Ein Komitee wurde gebildet. Dieses beschliesst jedes Jahr ein neues Thema, wie bspw. die Silberhochzeit der Queen, ein Jubiläum der Frauenrechte, Ehrung von Nelson Mandela, die Farbe Gelb und vieles mehr. Das kleinste Filmfestival (und sicher auch das nördlichste von Grossbritannien 🙂 ) fand darin statt und an Weihnachten wird jeweils ein Christbaum aufgestellt. Dieses Jahr ist das Motto die Seefahrt. Bobby’s bus shelter hat eine eigene Homepage https://web.archive.org/web/20140316152024/http://www.unstbusshelter.shetland.co.uk/, Preise wurden gewonnen und weil sich der Ort als Touristenattraktion entwickelte, wurde ein Wendeplatz für grosse Busse geschaffen. Von all diesen Superlativen müssen wir uns erst mal wieder erholen. Das gelingt bestens mit einem feinen „Cream Tee“ (im nördlichsten Café natürlich…..), bevor es im Inselhopping wieder zurück auf die Hauptinsel geht.