Orkney – Insel Hoy

Die Fährenplätze sind rar. Das liegt weniger daran, dass viele Touristen nach Hoy wollen, als am Umstand, dass die Fähre zuerst die Insel Flotta anfährt. Die kleine Insel (‚flach wie eine Flunder‘) ist ein grosser Öl-Umschlagsplatz https://en.wikipedia.org/wiki/Flotta_oil_terminal . Durch Pipelines im Meer kommt das Rohöl hierher, wird bearbeitet und dann weitergeleitet an verschiedene Abnehmer. Also finden wir uns morgens um halb sieben zusammen mit allerlei Arbeitern und Handwerkern auf der Fähre. Das Kaffeeproblem manifestiert sich 🙁 . Das Café gleich bei der Landestelle öffnet erst um neun. Die einzige Rückfahrt ist kurz nach Mittag möglich, so dass uns nur wenig Zeit auf der Insel bleibt. Keine Wanderung – macht nichts, das Wetter ist heute sowieso zu garstig. Dabei gäbe es den höchsten Berg von Orkney zu besteigen, den Ward Hill mit 479 müM. Hoy ist zwar die zweitgrösste Insel der Orkneys, es leben aber nur gut 400 Personen hier https://de.wikipedia.org/wiki/Hoy_(Orkney).

Auf der Fähre zwischen Baumaschine und Spiderman 🙂

Die einzige Strasse führt der Ostküste entlang. Im Norden zweigt sie ab nach Rackwick im Westen der Insel. Dort wollen wir hin. Die Fahrt geht über die einsame Insel, durch erstaunlich hügeliges Gelände mit ausgedehnten Hochmooren.

Rackwick ist eine Ansammlung weniger Häuser, jedoch aufstrebend. Jedenfalls treffen wir einige Handwerker wieder, die mit der gleichen Fähre hierher gekommen sind – so auch Spiderman 🙂 . Häuser werden renoviert und auch neu gebaut. Die Bucht von Rackwick ist mit wunderbaren, rund geschliffenen Steinen übersät……aber schon sehr einsam als Wohnort.

Die einzige Kirche, die wir passieren ist wiederum ein Kulturerbe-Museum. Liebevoll sind Geschichten von der Insel und ihren BewohnerInnen zusammengetragen. Vieles davon ist handgeschrieben, eingeklebt und fein säuberlich in Ordnern gesammelt. Da wird berichtet von Schiffen, die an den Klippen zerschellt sind, vom bäuerlichen Leben und von der letzten Telefonistin, die noch stöpseln musste, um eine Verbindung herzustellen. Diese namentlich genannte Dame war auch zugleich die Pöstlerin und sie berichtet, dass sie öfters ganz merkwürdige Sendungen zu überbringen hatte. So hätten am Weihnachtsmorgen viele Geschenke auf ihrem Tresen gelegen und auf die Auslieferung gewartet und gleichzeitig hätte jemand fünf tote Hasen, blutverschmiert und an den Ohren zusammengebunden daneben gelegt – zum Verschicken. Das sei ihr dann aber doch zu weit gegangen und sie hätte mit dem Absender geschimpft. Eine einfache, aber sehr schöne Homepage erzählt noch mehr vom Leben auf Hoy https://hoyheritage.wordpress.com .

Friedhöfe sind in verschiedenster Weise Thema auf der Insel. Da bin ich natürlich in meinem Element.

‚The Dwarfie Stane‘, ein etwa 5000 Jahre altes Felsengrab, wurde mit steinzeitlichen Werkzeugen in einen grossen Felsblock gehauen https://de.wikipedia.org/wiki/Dwarfie_Stane und war lange das einzige Felsengrab ganz Grossbritanniens.

‚Betty Corrigall’s Grave‘ wiederum wird als das einsamste Grab weitherum beschrieben. Es liegt auf einer Anhöhe, umgeben von ausgedehnten Moorlandschaften. Betty Corrigall lebte in den 1770ern auf Hoy. Sie hatte eine Romanze mit einem Walfänger und wurde schwanger. Leider fühlte sich der werdende Vater nicht verpflichtet und verliess Betty. Sie kam mit der Schande nicht zurecht und wollte sich im Meer ertränken. Anwohner retteten sie im letzten Moment. Kurze Zeit später erhängte sie sich. Selbstmörder durften zu jener Zeit nicht auf dem Friedhof begraben werden und so wurde Betty im Moor bestattet ohne dass das Grab gekennzeichnet wurde. 1933 oder 1936 stiessen zwei Torfstecher zufällig auf den Sarg. Die Leiche war durch den moorigen Boden gut erhalten. Sie wurde an derselben Stelle wieder begraben und erhielt später einen Grabstein.

Die Insel Hoy war wegen seiner Lage am Scapa Flow https://de.wikipedia.org/wiki/Scapa_Flow militärisch wichtig sowohl im ersten wie auch im zweiten Weltkrieg. Es kam immer wieder zu Angriffen durch feindliche U-Boote. Auf dem sehr gut gepflegten Militärfriedhof liegen gefallene Soldaten aus beiden Kriegen.

Die Insel Hoy wirkt auf den ersten Blick nicht besonders interessant. Wie immer lohnt es sich aber, genauer hinzuschauen. Wir sind überrascht, was wir in diesem halben Tag alles erlebt haben. Wir bedauern, die kleine Insel South Walls, die über eine Brücke mit Hoy verbunden ist, nicht besuchen zu können. Im Lifeboat-Museum https://longhopelifeboatmuseum.org wären sicher noch einige spannende Geschichten zu erfahren gewesen.