Via di Francesco – endlich wieder weitwandern
Zu Fuss von La Verna nach Rom – auf den Spuren des heiligen Franziskus
Ein richtiger Pilgerweg soll es also dieses Mal sein – zum ersten Mal. Verlockender Hauptgrund ist für mich die Wegführung durch die Hügel der Toskana, Umbriens und Lazios. Eine sportliche Herausforderung mit vielen Höhenmetern, bergigen Etappen im Apennin und unzähligen Hügelüberquerungen. Und wie immer, wenn ich alleine unterwegs bin, bin ich neugierig auf alle grossen und kleinen Abenteuer, die auf mich warten.
Es ist sehr schwierig, in der Geografie wie in der Moral, die Welt zu verstehen ohne aus dem eigenen Haus zu gehen. -Voltaire-
Bist du vom Weg abgekommen?
….über diese zweideutige Frage meiner Wander-App musste ich öfters schmunzeln. Welch passender Gedanke für eine Pilgerroute, wo so mancher auch seinen inneren Weg sucht.
Die Frage der Orientierung ist natürlich zentral für die Wanderung in einem unbekannten Gebiet. Ich bin ja eher ein Kontrollfreak, der auf Nummer Sicher geht. So ist es nicht verwunderlich, dass ich mich auch bei der Route absichere.
Als Grundlage verwende ich den Wanderführer von outdoor aus dem Conrad Stein Verlag https://www.conrad-stein-verlag.de/buecher-shop/italien-franziskusweg-von-florenz-nach-rom/ (unbestellte, unbezahlte Werbung), so wie eigentlich alle deutschsprachigen PilgerInnen, denen ich begegnet bin. Kann ich nur empfehlen – sehr detailgenau. Ich schätze die absolut zuverlässigen Angaben zu Trinkwasserstellen (spart eine Menge Schlepperei), Unterkünften und Sehenswürdigkeiten. Der Verlag erlaubt auch, die GPS-Daten aufs Mobiltelefon zu laden.
Auf dem Mobiltelefon verfolge ich die Route über die All Trail App (unbestellte, unbezahlte Werbung), bzw. ich kann die Wegführung von meiner Uhr ablesen, was sehr praktisch ist…… und ich werde mit dem eingangs zitierten Satz gewarnt, wenn ich vom Weg abkomme. Selbstverständlich habe ich von der Strecke einen Download gemacht. Trotzdem braucht die Navigation viel Strom und ich muss ein paar Mal auf die Powerbank zurückgreifen. Dumm nämlich, wenn das Telefon kurz vor Etappenziel schlapp macht, du aber noch deine Unterkunft in der Stadt finden musst….
Und da sind natürlich noch die Markierungen auf dem Wanderweg selber. Die sind in den drei Regionen sehr unterschiedlich. In der Toskana wurden einfach zusätzlich zu den alten, vergammelten Wegweisern neue am selben Ort angebracht, was manchmal zu chaotischen Schilderwäldern führt. Es wird die Wanderzeit angegeben, das ist recht unpräzise. Der eine geht mit 3 km/h, der andere mit 5 km/h. Man muss also selber herausfinden, wieviel man persönlich vom angegebenen Wert abweicht. Umbrien hingegen ist ganz vorbildlich. In den letzten Jahren sind die Markierungen allesamt erneuert worden. Bei jeder Abzweigung steht ein Wegweiser mit Kilometerangabe und die Zwischenmarkierungen werden stetig neu gemalt und sind praktisch immer in Sichtweite. Kaum über die Grenze nach Lazio gekommen, wird es eher schwierig. Nur wenige Wegweiser zeigen die Distanz an. An Abzweigungen gibt es zwar Schilder, aber häufig schlecht platziert, verblasst und/oder überwachsen. Für mich kein Problem – bis dahin ist die Navigation bereits in Fleisch und Blut übergegangen.
Was sich auf der ganzen Route durchzieht, sind die blau-gelben Markierungen an Bäumen, Laternen, Steinen und Gebäuden. Oft ist der Weg auch mit dem ‚ τ ‚ markiert, dem griechischen Buchstaben Tau. San Francesco verwendete das Tau zur Segnung der Menschen und er unterschrieb Dokumente mit diesem Zeichen.
Mach dir deine Ausrüstung zum Freund
Das A und O jeder Weitwanderung ist das Gewicht auf dem Rücken, Optimierung ist das Wort der Stunde. Meine Grundausrüstung wiegt inkl. Rucksack sechs Kilogramm. Am wenigsten davon machen die Kleider aus. Hier habe ich bereits so optimiert, dass sie in einem kleinen, wasserdichten Sack Platz haben. Zur Weitwanderer-Routine gehört eben auch, dass man täglich seine Sachen auswäscht – schnelltrocknende Materialien machen es möglich und Waschmittelstreifen wiegen praktisch nichts und wirken gut. Das Taschenmesser bringt da schon mehr Gewicht, aber es gehört einfach zur Notfallausrüstung, wie auch die Apotheke, Reparaturutensilien (Schnur, Isolierband), Notproviant und Ersatzschuhbändel. Mein Necessaire ist winzig, im Gegensatz zu meinen Reisen mit Auto oder Zug…… Da frage ich mich dann schon mal, weshalb meine Badezimmerschränke zu Hause so proppenvoll sein müssen, wenn es doch auch so geht…… Praktisch alle Unterkünfte stellen Shampoo und Duschmittel zur Verfügung, es reicht also ein kleiner Notvorrat davon. Nicht gespart habe ich an den Jacken – eine dünne Sportjacke, eine Merinojacke und die Regenjacke. Gute Entscheidung – in den eiskalten Unterkünften trage ich nach Bedarf auch mal alles übereinander. Ebenfalls sehr wertvoll ist die dünne, lange Merinounterwäsche, die als Pyjama genutzt werden kann und natürlich an besonders kühlen Tagen auch unterwegs. Sandalen, Wanderstöcke und die Regenausrüstung komplementieren meine Grundausrüstung. Jeden Tag kommt die Verpflegung dazu: ein bis zwei Liter Wasser, der Mittagslunch, Früchte (unvernünftig schwer🙈, aber das muss bei mir einfach sein – ich esse sie dafür als erstes), manchmal auch das Abendessen, wenn kein Restaurant oder Lebensmittelgeschäft zu erwarten ist. So trage ich zeitweise also acht bis neun Kilo mit mir. Das kommt mir leicht vor, weil ich bei früheren Wanderungen jeweils noch zweieinhalb Kilogramm Hundefutter und -ausrüstung mitgetragen habe. Aber weil Luna leider nicht mehr mitlaufen kann, ist das kein Thema mehr.
Ein Wort zu den Wanderschuhen: Ich hatte kurz geliebäugelt, meine tiefen Trekkingschuhe zu verwenden, bin aber mehr als froh, dass ich mich für die knöchelhohen Wanderschuhe entschieden habe. In sumpfigen Passagen sinkt man schon mal bis zum Schaft ein und die Stabilität auf den vielen Wegen mit grobem Geröll ist natürlich deutlich besser. Ich trage Schuhe von Hanwag (unbezahlte, unbestellte Werbung), weil sich meine Füsse mit Tendenz zu Hallux im extra für dieses Problem geschnittenen Modell sehr wohl fühlen. Vorheriges Einlaufen der Schuhe ist Pflicht!
Buon Cammino
Ich staune immer wieder, wie die einheimische Bevölkerung positiv zu den Pilgern eingestellt ist. Oft halten Menschen an, um einen kleinen Schwatz zu halten, auf eine Wasserstelle hinzuweisen, die nächste Abzweigung zu zeigen oder auch nur, um einen guten Weg zu wünschen. Auch den franziskanischen Gruss „pace e bene“ – Friede und Gutes wünsche ich dir – hört man ab und zu.